Sendereihe: "Macht und Menschenrechte" ( Unser Politikblog TV) November - dann in anderem Format

Freitag, 25. März 2016

Verfassungsbeschwerde (2 BvR 576/16) gegen Syrien-Einsatz der Bundeswehr

Unser Politikblog | 25.03.2016

(Pressemitteilung mit der Bitte um Veröffentlichung)


Bild: Volker Reusing und Sarah Luzia Hassel-Reusing nach Einreichung der Klage,
          im Hintergrund das Gebäude des Bundesverfassungsgerichts
Am 17.03.2016 hat die Bürger- und Menschenrechtlerin Sarah Luzia Hassel-Reusing
Verfassungsbeschwerde (Az. 2 BvR 576/16) eingelegt gegen den Beschluss des Bundestags vom
03.12.2015 (Drucksache 18/6866) über den Syrien-Einsatz der Bundeswehr.
Die Verfassungsbeschwerde macht geltend, dass vom Bundesverfassungsgericht formelle Vorgaben
erforderlich sind, soweit es um die Außen- und Sicherheitspolitik geht, für die vom grundrechtsgleichen

Wahlrecht (Art. 38 GG) vorgeschriebene Gewissensprüfung der Abgeordneten. Der

innerhalb von nur 2 Tagen durch gewunkene Beschluss über den Bundeswehreinsatz in Syrien hat
es nicht nur unterlassen, die vermeintlichen Rechtsgrundlagen für den Kampfeinsatz ordnungsgemäß
zu untersuchen, auch fehlt eine Einschätzung hinsichtlich der offensichtlichen Weltkriegsrisiken.
Dazu gehört der nachweisliche Versuch von Isis auf Grund von seiner Auslegung der
islamischen Offenbarungsgeschichte, einen in der Nähe der syrischen Kleinstadt Dabiq
beginnnenden Weltkrieg zu provozieren. Das droht angesichts des in erheblichem Maße nicht
miteinander koordinierten Einsatzes der Luftwaffen in Syrien und des Aufmarsches von Bodentruppenzahlreicher Staaten in der Nähe Syriens mit unterschiedlichen Interessen Wirklichkeit zu  werden. Hinzu kommen bereits geschehene Vorfälle wie der Abschuss eines russischen

Kampfflugzeugs durch die Türkei. Und es fehlt auch jegliche Einschätzung der Abgeordneten, von

welchen staatlichen / nichtstaatlichen Akteuren Isis tatsächlich gesteuert wird. Die Klage legt dar,
dass ein Weltkrieg heute thermonuklear wäre, und dass diesen niemand überleben würde.
Dem Beschluss des Bundestags vom 03.12.2015 über den Bundeswehreinsatz in Syrien fehlt es
bereits an einer Rechtsgrundlage, weil die Bündnisfallklausel der Europäischen Union (Art. 42 Abs.
7 EUV) noch gar nicht ratifiziert (Art. 42 Abs. 2 Unterabs. 1 EUV) und damit auch noch nicht
anwendbar ist. Ohne gültige Bündnisfallklausel ist die EU auch kein System gegenseitiger
kollektiver Sicherheit (Art. 24 Abs. 2 GG), sodass sich Deutschland an Kampfeinsätzen im Rahmen
der EU nicht beteiligen darf. Außerdem ist der Parlamentsvorbehalt (Art. 115a GG) verletzt worden,
denn die Zustimmung des Bundestags hätte bereits vor der Zustimmung der deutschen
Verteidigungsministerin zum Bündnisfallbeschluss auf dem Gipfel vom 16./17.11.2015 eingeholt
werden müssen, nicht nur für die Ermächtigung zur Entsendung konkreter Truppen.

Außerdem verstösst der Beschluss objektiv gegen das Angriffskriegsverbot (Art. 26 GG, Art. 2 Abs.

4 Uno-Charta), weil die Attentate in Paris vom 13.11.2015 nicht die Größenordnung eines
militärisch bewaffneten Angriffs gehabt haben, weil die Resolutionen des Uno-Sicherheitsrats zu
Syrien auf Verhandlungen sowie auf Sanktionen gegen Terrorgruppen und deren Unterstützer setzen
und gerade keine Militärinterventionen in Syrien erlaubt haben, und insbesondere weil die syrische
Regierung Deutschland nicht zum Bundeswehreinsatz in Syrien ermächtigt hat.Der Beschluss des Bundestags vom 03.12.2015 sowie der Bündnisfallbeschluss der Vertedigungsminister der EU-Mitgliedsstaaten vom 16./17.11. 2015 haben die Vorgaben des Lissabon-Urteils für eine mit der Uno-Charta vereinbare Auslegung der Vorschriften des EUV zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik missachtet. Daher beantragt die Verfassungsbeschwerde,die Bundesregierung für zukünftige Rechtssicherheit zu verpflichten, ein Gutachten beim Internationalen Gerichtshof (IGH) einzuholen, ob der EUV durch diesen tatsächlichen
Umgang mit Art. 42 EUV (unter Missachtung von Art. 2 Abs. 4 Uno-Charta, Art. 103 Uno-Charta)
in unvereinbaren Gegensatz zur der zum zwingenden Völkerrecht („ius cogens“) gehörenden Uno-
Charta geraten ist.

Die Verfassungsbeschwerde beantragt wegen der undemokratischen Vorformung der deutschen

Haltung gegenüber Syrien durch den Think Tank SWP und daneben auch durch die BilderbergKonferenz,Think Tanks von internationalen Konferenzen zur Außen- und Sicherheitspolitik mit deutscher Beteiligung auszuschließen, und zur außen- und sicherheitspolitischen Beratung für deutsche Institutionen nur noch solche Think Tanks zuzulassen, deren Empfehlungen weder Grundgesetz noch Uno-Charta verletzen, mit besonderem Augenmerk auf die Verbote eines Angriffskriegs und von dessen Vorbereitung (Art. 26 GG, Art. 2 Abs. 4 Uno-Charta) sowie auf das unantastbare Friedensgebot (Art. 1 Abs. 2 GG), und die nicht gleichzeitig auch noch andere
Staaaten beraten.

Angesichts Hunderttausender seit 2015 unregistriert nach Deutschland eingewanderter Personen,

darunter mindestens einer vierstelligen Zahl von Dschihadisten, angesichts des für 2016 von einem
Isis-Aussteiger prognostizierten dschihadistischen „Blitzkriegs“ in Deutschland und Europa,und
weil Deutschland durch die direkte militärische Involvierung in Syrien noch mehr ins Visier von
Isis geraten ist, macht die Verfassungsbeschwerde geltend, alle seit 2015 nach Deutschland
eingewanderten Menschen biometrisch zu registrieren und deren Daten abzugleichen mit der in
Großbritannien vorliegenden Liste, mit den entlang der Flüchtlingsrouten (darunter in Mazedonien)
bereits aufgefallenen gestohlenen und gefälschten Passidentitäten und mit in Syrien, im
angegebenen Herkunftsland und international strafrechtlich gesuchten Terroristen. Das schützt die
deutsche Bevölkerung ebenso wie die in ihrer Mehrzahl friedlichen Flüchtlinge incl. der Frauen und
Kinder, schafft mehr Klarheit über das Ausmaß der dschihadistischen Bedrohung in Deutschland
und trägt dazu bei, dass alle Flüchtlinge während ihres Aufenthaltes in Deutschland humanitär
versorgt sind, auch um die Zahl derer, die aus materieller Not heraus keinen anderen Weg sehen, als
sich den Dschihadisten anzuschließen, soweit wie möglich zu verringern.
Sowohl wegen der fehlenden Rechtsgrundlagen für den Syrien-Einsatz und der mit dem Syrien-
Konflikt verbundenen Weltkriegsgefahr, als auch wegen der mangelnden territorialen Verteidigungsfähigkeit bzgl. Soldaten und Ausrüstung gegenüber einem dschihadistischen Angriff in

Deutschland beantragt die Klage im Wege der einstweiligen Anordnung die sofortige Rückholung

der bereits nach Syrien entsandten deutschen Truppen und die einstweilige Untersagung der Entsendung weiterer deutscher Truppen nach Syrien. 
Außerdem beantragt die Verfassungsbeschwerde, die flächendeckende territoriale Verteidigungsfähigkeit Deutschlands (Art. 87a Abs. 1 GG) wiederherzustellen bezogen auf eine realistische Bedrohungsanalyse.

Die Klage stützt sich auf die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) i. V. m. dem Friedensgebot (Art. 1

Abs. 2 GG), auf das grundrechtsgleiche Wahlrecht (Art. 38 GG), auf die Grundrechte auf Leben,
auf körperliche Unversehrtheit und auf Freiheit (Art. 2 GG), auf den Funktionsvorbehalt (Art. 33
Abs. 4 GG) sowie auf die universellen Menschenrechte auf Sicherheit (Art. 9 Uno-Zivilpakt) und
auf Gesundheit (Art. 12 Uno-Sozialpakt).

Die Beschwerdeführerin und der von ihr beantragte Vertreter (§22 Abs. 1 S. 4 BVerfGG) stehen für

ein Interview jederzeit zur Verfügung.

V.s.d.p

Sarah Luzia Hassel-Reusing
Thornerstr.7
42283 Wuppertal
Tel. 0202/2502621